Warum man den Begriff „natürliche Geburt” endlich überdenken sollte

Viele werdende Mamas freuen sich auf den Moment, in dem sie ihrer Familie und dem Freundeskreis die tolle Neuigkeit überbringen. Schließlich möchte man das schöne Ereignis mit seinen Lieben teilen! Doch neben Freudentränen und Glückwünschen gibt es die eine oder andere irritierende Frage, mit denen Schwangere konfrontiert werden. Nicht alle davon möchte man als werdende Mama beantworten und manchmal weiß man vielleicht auch gar nicht genau, worauf die Frage hinauslaufen soll.

Ein gern gestellter Dauerbrenner unter solchen Fragen ist: „Möchtest du eine natürliche Geburt?” Mal davon abgesehen, dass es sich dabei um ein sehr persönliches und privates Thema handelt, das die werdende Mama vielleicht nicht mit jedem beliebigen Gesprächspartner besprechen möchte, wirft die Frage gleich mehrere Gegenfragen auf. Was ist denn überhaupt eine natürliche Geburt? Heißt das dann im Umkehrschluss, dass es auch „unnatürliche“ Geburten gibt?

Was meint der Ausdruck „natürliche Geburt“ überhaupt?

Wahrscheinlich haben die meisten Menschen eine Vorstellung davon, was mit einer natürlichen Geburt gemeint ist. Allerdings gibt es dabei verschiedene Deutungsmöglichkeiten. Manche sprechen von einer natürlichen Geburt, wenn es sich um eine vaginale Geburt handelt. Sie nutzen den Begriff also, um sich von einem Kaiserschnitt abzugrenzen. Wieder andere meinen mit einer natürlichen Geburt, eine vaginale Geburt, bei der es weder Schmerzmittel noch eine Einleitung gegeben hat.

Aber ist das Adjektiv „natürlich“ wirklich das richtige, um eine Geburt von anderen abzugrenzen? Schließlich ist jede Geburt ein kraftvolles und intimes Ereignis und sollte für die Neu-Mama für sich stehen.

Neuer Trend zu mehr „Natürlichkeit”

Aktuell lässt sich jedoch ein Trend beobachten: Viele Frauen wünschen sich eine Geburt mit möglichst wenigen Eingriffen von außen, sie wollen den Dingen ihren Lauf lassen. Das ist allerdings nicht für alle Geburten möglich, manchmal ist zum Beispiel ein Kaiserschnitt notwendig, um das Leben von Mama und Baby nicht zu gefährden.

Doch auch, wer auf die PDA verzichtet und ohne Einleitung auskommt, erlebt in der Regel eine andere Geburt, als unsere Vorfahren noch vor hunderten von Jahren. Schließlich finden die meisten Geburten hier in einem desinfizierten und geschützten Umfeld statt – zum Glück! Aber wer bestimmt denn dann, wann eine Geburt wirklich „natürlich” ist? Und macht eine solche Kategorie überhaupt noch Sinn?

Diskriminiert die Beschreibung „natürliche Geburt“ Kaiserschnitt-Mamas?

Ein weiteres Problem des Ausdrucks „natürliche Geburt“ ist sein wertender Charakter. Schließlich erweckt er den Anschein, dass beispielsweise ein Kaiserschnitt wider der Natur ist. Er bekommt damit eine negative Assoziation, was sich für viele Kaiserschnitt-Mamas nicht gut anfühlt. Schließlich haben auch sie ein Kind zur Welt gebracht, das sie nun in den Armen halten. Ist ihre Geburt weniger „gut”, weil sie nicht vaginal war?

Selbstverständlich gibt es unterschiedliche Formen der Geburt und es kann durchaus sinnvoll sein, diese zu benennen und sich darüber austauschen. Manchmal ist es hilfreich, um sich vorzubereiten und eine womöglich nötige Entscheidung besser treffen zu können. Aber vielleicht verabschieden wir uns dafür von dem Begriff „natürlich” und sprechen stattdessen von einer „spontanen Geburt” oder von einer „vaginalen Geburt“ anstatt eines Kaiserschnitts.

Denn dann ist besser verständlich, was wirklich gemeint ist und Mamas, die eine andere Form der Geburt gewählt haben oder die vielleicht gar keine andere Wahl hatten, fühlen sich weniger bewertet.

Das Wichtigste ist schließlich, dass am Ende der Geburt eine gesunde Mama ihr gesundes Baby in den Armen halten kann.

Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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Jo
Jo
1 Jahr zuvor

Ich hatte eine natürliche, spontane Geburt. Ohne Medikamente, Schmerzmittel usw.

Beim zweiten Kind dann einen geplanten Kaiserschnitt. Bzw eine Kaisergeburt.

Beides tolle Erlebnisse und mir ist es so egal, wie meine Kinder auf die Welt gekommen sind. Ich freue mich beide Erfahrungen gemacht haben zu dürfen. Wären es beide ein Kaiserschnitt geworden. Dann ist es so!

Und wir sollten dankbar sein, dass die Medizin so weit ist. Früher ist manche Frau oder Kind bei der Geburt gestorben. Dann lieber einen Notkaiserschnitt, oder Medikamente!

Doris Lenhard
Doris Lenhard
3 Jahre zuvor

Deinen Wunsch, den Begriff „natürliche Geburt“ abzuschaffen teile ich überhaupt nicht.
In unserer Gesellschaft hat auf allen Ebenen schon viel Entmenschlichung stattgefunden. Das finde ich schlimm genug. Aber dann mit Sprache zu versuchen, ungute und ungesunde Entwickungen , auch in der Geburtshilfe, erträgerlicher zu machen, indem man die Sprache verändert ist für mich nur eins: Selbstbetrug.

Eine natürliche Geburt bedeutet, dass das Baby und seine Mama mit ihren natürlichen hormonellen, physiologischen und psychologischen Kräften, in einem fein aufeinander abgestimmten Prozess, ihre Geburt geschafft haben. Schlimm genug, dass dies nur noch 6 von 100 Babys/Müttern erleben dürfen.
Da spielen Faktoren wie eine schlechte Geburtsvorbereitung, und ich behaupte,d ass die Mehrzahl der Krankenkassenkurse schlecht sind, eine Rolle. Da spielen Klinikroutinen einen Rolle und die große Grauzone, in denen Routineverabreichung von Medikamenten und Handlungen glasklar eGewalt in der Geburt sind. Und dass hierüber im Klinikbereich kaum einer ein Bewusstsein hat.

Keiner will eine Mutter ausgrenzen, die ihr Kind mit Kaiserschnitt geboren hat, wenn er von „natürlicher Geburt“ spricht.

Wir sollten uns vielmehr zusammenschließen, um für alle Mütter und Babys die Geburtskultur in Deutschland zu revolutionieren. Damit auch wirklich nur noch 10 bis 15 von 100 Babys und Mütter eine Kaiserschnittgeburt erleben, weil dieser eine echte Notsituation gewendet hat.

Es ist auch keine Schande, wenn eine Frau sich nach vielen Stunden eine PDA geben lässt.

Nur es ist in Deutschland inflationär und skandalös, dass es fast ausschließlich in Kliniken nur noch technisierte Geburten gibt. Ich kann es so gut verstehen ,dass Frauen daruntre leiden, sie sich als Versagerinnen fühlen. Man nimmt den Frauen ihre Gebärfähigkeit. Und das ist 2021 genauso wie 1987, als ich nach einem Blasensprung und 48 Stunden ausbleibenden Wehen morgens zwei Mal gehört habe von dem Arzt, den ich sehr mochte: Sie haben keine Wehen. Das sagte er auf seinem Wissensstand, nachdem er das CTG-Protokoll angeschaut hatte. 28 Jahre später erkannte ich in meiner Fortbildung zur Hypnobirthing-Kursleiterin dass dies eine Lüge gewesen war und ich tatsächlich wzei Nächte lang Wehen hatte. So wie ich es gefühlt habe. Die Gebärmutter hatte mit ihren Wehen den Muttermund reif gemacht. 2015 fragte ich eine Hausgeburtshebamme, was sie dazu sagt. „Das waren die Prostaglandinwehen, die sind schmerzhafter als die Eröffnungswehen.“

Herzliche Grüsse, Doris Lenhard
Bindungsanalytikerin und Kursleiterin für Hypnobirthing
Fachpraxis für Kinderwunsch-, Schwangerschafts- und Geburtsberatung