Irgendwie ist sie eines der letzten Tabuthemen: Selbstbefriedigung ist uns ein wenig peinlich, etwas komisch und dazu ranken sich immer noch merkwürdige Mythen darum. Zwar hat sich inzwischen weitestgehend herumgesprochen, dass Onanie keine Pickel macht und auch keine Tuberkulose, keinen Krebs oder Lepra auslöst. Aber ob z. B. der häufige Einsatz von Vibratoren nicht doch berührungsempfindlich gegen die echten Hände einer Partnerin oder eines Partners macht oder sogar die Vagina ungünstig ausleiert? Und ob das tägliche Streicheln seines eigenen Körpers nicht auf eine Sex-Sucht schließen lässt? Manch einer ist sich da nicht so ganz sicher…
Auf der anderen Seite kichern sich Freundinnen durch Dildo-Parties (für alle, die es nicht kennen: wie eine Tupperparty, nur mit Sexspielzeug und ähnlichem) und lassen sich in epischer Breite (a propos breit, viel Sekt ist meist mit von der Partie) die Vorteile von Auflegevibratoren und sich erwärmenden Gleitgels darlegen. Das ist lustig und auch interessant – aber ist das auch wirklich ein natürlicher, entspannter Umgang mit dem Thema Selbstbefriedigung? Oder ist der Reiz hier nicht eher, sich totaaal offen und auch etwas verrucht zu fühlen? Übrigens: Ich darf das so schreiben, auch ich habe schon begeistert mitgekichert.
Ob man nun total offen mit Solo-Sex umgeht oder ihn als Privatsache ansieht, ist Geschmackssache.
Es ist auch total egal – außer vielleicht den Mitmenschen, die sich wahrscheinlich über ein wenig Diskretion freuen. Aber wichtig ist: Selbstbefriedigung sollte unbedingt seinen schmuddeligen Ruf loswerden. Denn natürlich hat sie keine gesundheitlichen Nachteile, dafür aber eine Menge Vorteile. Neben dem unkomplizierten Spaß ist eines besonders nett: Man lernt seinen Körper besser kennen und merkt, was einem gefällt. Wenn man diese Erkenntnisse mit dem Partner/der Partnerin teilen mag, profitieren beim Sex dann beide davon.
Umfragen haben gezeigt, dass viele Frauen bei der Selbstbefriedigung eher zum Orgasmus kommen als beim Geschlechtsverkehr.
Und gerade das bringt – entgegen all der Mythen – sogar richtige gesundheitliche Vorteile:
Entspannung
Beim Höhepunkt wird das Hormon Prolaktin ausgeschüttet. Es sorgt „danach“ für Entspannung. Man/frau kann nach einem stressigen Tag leichter abschalten und besser einschlafen. Zudem wird Oxytocin produziert. Dieses Hormon baut Stress ab und reduziert Ängste.
Schmerzen lindern
Der Hormoncocktail kann sogar gegen Kopfschmerzen helfen, indem das Gehirn entspannt wird. Auch Krämpfe während der Periode werden gelindert.
Vorbeugung as its best
Regelmäßige Orgasmen können das Risiko vieler gesundheitlicher Probleme und sogar ernsthafter Krankheiten lindern. Dazu gehören Bluthochdruck, Osteoporose, Herzerkrankungen und angeblich sogar verschiedene Krebsarten.
Beckenboden stärken
Dieses „Training“ verbessert nicht nur die Orgasmusfähigkeit, sondern beugt auch Harninkontinenz vor.
Glücklich machen
Die freigesetzten Hormone sind echte Glücksbringer, machen ausgeglichen und friedfertig.
Aber ist es nicht komisch, zu onanieren, wenn man einen Partner hat?
Das muss natürlich jeder selbst wissen! Aber eigentlich: Nö. Wenn man Lust dazu hat, ist das voll okay, oder? Im Grunde genommen handelt es sich bei der Selbstbefriedigung und beim Sex mit der Partnerin/dem Partner doch um zwei völlig voneinander losgelöste „Vorgänge“. Denn der Solo-Sex ist so schön egoistisch, man kümmert sich nur um sich selbst. Es geht um die schnelle Entspannung. Beim Liebesspiel dagegen geht es im besten Fall – eben um Liebe zu einem anderen. Geben und Nehmen, auf den anderen achten, Nähe und Vertrauen tanken…