Du bist schwanger und denkst über eine Wassergeburt nach? Das Ankommen auf der Welt ist für viele Babys eine körperliche und emotionale Herausforderung. Etwas sanfter kann der Übergang bei einer Wassergeburt sein: Vom warmen Fruchtwasser hinein ins warme Geburtspool-Wasser. Auch wenn du selbst keine Wasserratte bist und dir in der Schwangerschaft eine Geburt in diesem Element nicht vorstellen kannst, kann es sich während der Geburt doch zum perfekten Geburtsort entwickeln.
Wir haben deswegen mit Expertin Lisa Hobelsberger gesprochen. Lisa ist dreifache Mama und erfahrene Hebamme aus Leidenschaft. Sie verrät uns, was die Vorteile einer Wassergeburt sind, was du dabei berücksichtigen solltest und wie ihre eigenen Erfahrungen mit dieser besonderen Form der Geburt sind.
1. Das Wichtigste auf einen Blick
- Zu einer Wassergeburt im Krankenhaus musst du nichts Spezielles mitbringen
- Das warme Wasser kann schmerzlindernd wirken
- Bei einer Wassergeburt sind verschiedene Geburtspositionen möglich
2. Wie ist der Ablauf bei einer Wassergeburt?
Einen festen Ablauf gibt es nicht, das ist wie bei einer Geburt außerhalb des Wassers. Was gut zu wissen ist: Gebärwannen sind größer und tiefer als herkömmliche Badewannen. Du planst eine Hausgeburt? Zuhause kannst du saubere und neue Regentonnen oder aufblasbare Pools nutzen. Die Gebärende MUSS aber auch nicht zwingend bis nach der Geburt im Wasser bleiben, wenn sie sich irgendwann nicht mehr wohlfühlt. Sie kann auch erst zur Geburt ins Wasser gehen.
Hebamme und Geburtsbegleiter befinden sich am Rand der Wanne. Der Partner kann zur Geburt auch mit in die Wanne steigen. Wenn dein Partner mit in die Wanne möchte, könntet ihr vorab klären, ob das in eurem Krankenhaus möglich ist. Und dann gilt für ihn: Badesachen nicht vergessen.
Wenn das Baby außerhalb des Körpers seiner Mama ist, öffnet es oftmals schon die Augen, denn es befindet sich in einem Element, das es kennt. Das Kind bewegt sich dann mit schwimmenden Bewegungen auf die Mama zu. Über die Nabelschnur ist es mit Sauerstoff weiterhin versorgt.
Dann dürft ihr im warmen Wasser ein paar Minuten ganz in Ruhe ankommen und vielleicht möchtest du auch die Plazenta darin gebären. Eine saubere Sache, erst danach aus dem Wasser zu steigen, sich zu duschen und dann frisch ins Bett mit Baby zu schlüpfen. Mögliche Geburtsverletzungen werden außerhalb der Wanne versorgt.
Wassergeburt: Achtet auf den Atemschutzreflex
WICHTIG: Wenn Mund oder Nase des Babys einmal oberhalb des Wassers waren, darf es nicht mehr zurück, denn dann ist der Atemschutzreflex nicht mehr vorhanden. Nach der Geburt, wenn das Baby zum ersten Mal mit dem Gesicht die Luft berührt, wird es auch den ersten Atemzug machen.
3. Voraussetzungen einer Wassergeburt
Es gibt bestimmte Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit die Wassergeburt gut gelingt. Zu jeder Zeit muss der Kreislauf der Mama gut sein, ansonsten ist es besser, außerhalb der Wanne zu sein, um gegebenenfalls schneller Maßnahmen ergreifen zu können. Dies gilt auch für andere Kontraindikationen, wie zum Beispiel schlechte Herztöne des Babys. Wenn es schon vorab Kontrainikationen gibt, wie z.B. bei einer Präeklampsie oder einer Frühgeburt, ist eine Geburt im Wasser ebenfalls nicht möglich.
Außerdem ist die Wassertemperatur wichtig: 37 Grad Celsius sind perfekt für die Ankunft des Babys. Manchmal brauchen Gebärende etwas kälteres Wasser, weil ihnen durch die Wehenarbeit sehr warm geworden ist. Die Wassertemperatur sollte aber mindestens 32 Grad Celsius betragen, damit das Wasser direkt vor Ankunft des Babys schnell wieder aufgewärmt werden kann, indem warmes Wasser nachgefüllt wird.
Was sollte ich für eine Wassergeburt anziehen/mitnehmen?
Für eine Wassergeburt musst du nichts Spezielles anziehen oder mitnehmen. Du kommst genauso ins Krankenhaus wie zu einer „Landgeburt“.
4. Mögliche Geburtspositionen bei einer Wassergeburt
Bei einer Geburt im Wasser kannst du verschiedene Geburtspositionen in Erwägungen ziehen. Mittlerweile wissen die meisten, dass es nicht unbedingt die beste Entscheidung ist, bei der Geburt auf dem Rücken zu liegen. (Mehr dazu im Beitrag: Alle Geburtspositionen: Vorteile, Nachteile und unsere Erfahrungen). Die möglichen Geburtspositionen bei einer Wassergeburt sind: liegend, seitlich, in der Hocke, im Hirtenstand oder kniend.
5. Was sind die Vorteile einer Wassergeburt?
Eine Wassergeburt wird auch deswegen immer beliebter, weil sie einige Vorteile mit sich bringt. Sowohl die Mama als auch das Baby können von der Geburt im nassen Element profitieren.
Vorteile für die Mama
Du kannst deinen Körper im Wasser frei bewegen und das Schwerelosigkeitsgefühl hilft dir, eine gute und schmerzarme Position zu finden. Im Wasser wird dein Gewebe gut durchblutet und das beugt Geburtsverletzungen vor. Alles entspannt sich und wird elastischer, sogar der knöcherne Teil des Beckens, und somit hat das Baby mehr Platz auf seinem Weg. Viele Mütter haben außerdem das Gefühl, dass ihre Intimsphäre durch das Wasser als „Decke“ gewahrt wird. Dadurch können sie sich besser fallenlassen.
Im Wasser kann die Mama selbst mal das Köpfchen spüren oder ganz intuitiv selbst das Baby in Empfang nehmen. Interventionen und vaginale Untersuchungen sind seltener und du hast längere und regelmäßigere Wehenpausen, um auszuruhen und neue Kraft zu schöpfen. Warmes Wasser wirkt außerdem als natürliches Schmerzmittel.
Vorteile für das Baby
Auch für das Baby hat eine Wassergeburt Vorteile. So bleibt es im gleichen Element und erlebt damit ein einfacheres Ankommen. Insgesamt kann eine Wassergeburt weniger Stress für den neuen kleinen Menschen bedeuten.
6. Was sind mögliche Nachteile einer Wassergeburt?
Es kann zu Kreislaufproblemen kommen, insbesondere dann, wenn die Temperatur zu hoch ist. Diese sollte deswegen maximal 37 Grad betragen. Außerdem ist es schwieriger, im Notfall schnell zu intervenieren, da die Mama erstmal aus der Wanne aussteigen muss. Manche Frauen empfinden die Wanne als zu klein und den Bewegungsradius als eingeschränkt.
Eventuelle Verunreinigung durch Stuhl- oder Urinabgang im Wasser
Viele Frauen fühlen sich unwohl bei der Vorstellung, dass sie das Wasser mit Stuhl oder Urin verunreinigen könnten. Insbesondere der Stuhlgang während der Geburt macht ihnen Sorgen. Es gibt die Möglichkeit, vorab einen Einlauf zu machen. Ansonsten ist die Hebamme darauf vorbereitet und „fischt“ im Ernstfall so dezent wie möglich.
7. Gibt es Extrakosten bei einer Wassergeburt?
Nein, Kosten fallen für eine Wassergeburt nicht an. Jedoch gibt es nicht in jedem Kreissaal eine Geburtswanne und somit die Möglichkeit für eine Wassergeburt. Bei einer Hausgeburt musst du dir jedoch, je nach Hebamme, einen Pool kaufen oder leihen und das verursacht eventuell zusätzliche Kosten.
8. Wassergeburt und PDA: Geht das zusammen?
Nachdem du eine Periduralanästhesie, kurz PDA, erhalten hast, ist eine Wassergeburt leider nicht mehr möglich. Aber es gibt Studien, die zeigen, dass viele Frauen, die einen Teil der Geburt im Wasser waren, keine PDA mehr benötigten. Laut eines Artikels im Fachblatt BMJ war die Zahl der Periduralanästhesien bei den Badenden um etwa 70 Prozent reduziert.
9. Wie sind deine Erfahrungen als Hebamme und Mama mit Wassergeburten?
In der Hausgeburtshilfe gebärt die Mehrheit der Frauen im Wasser, dies fühlt sich für viele als passendes Element an und ich habe so viele sanfte Geburten und interventionsfreies Ankommen bei Wassergeburten erleben dürfen. Besonders positiv ist, dass Frauen sich trauen, selbst Hand an ihren Körper anzulegen und zu spüren, was dort Wundervolles vor sich geht, denn das ist eigentlich ein ureigener Instinkt. Für die Mütter ist es wunderschön, die Ersten zu sein, die ihr Baby berühren und in Empfang nehmen. Sie fühlen sich im Schutze des Wassers unbeobachtet.
Ich selbst habe meine drei Kinder im Wasser als Hausgeburt bekommen. Auch wenn ich keine sonderliche Wasserratte bin, konnte ich es jedesmal kaum erwarten, ins warme Nass einzutauchen und meine Kinder dort zu empfangen. Ich hatte eher schnelle Geburten und war immer sehr froh, dass das Wasser die Schwerkraft ausgeschaltet hat und so auch die Geburt etwas gebremst wurde. Für mich war es außerdem die richtige Entscheidung, meine Kinder zuhause zu bekommen. Ich habe meine Hausgeburten als sehr schön wahrgenommen.
Liebe Lisa, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, unsere Fragen zu beantworten!
Lisa Hobelsberger ist dreifache Mama und Hebamme aus Leidenschaft. Sie spricht offen über alle physischen und psychischen Aspekte der Zeit nach der Geburt, von Geburtsverletzungen und Gebärmutterrückbildung über Babyblues bis zu Partnerschaft und Sexualität. Mit ihrer Online-Hebammenpraxis „Meilenstein-Akademie” gibt sie ihr Wissen in Online-Geburtsvorbereitungskursen nahbar an werdende Mamas weiter. Lisa hat außerdem ein Buch geschrieben: „Hallo Wochenbett: Es muss nicht alles magisch sein”*
Vielleicht kennst du Lisa auch schon, da sie eine unserer Expertinnen im Echte Mamas Club ist, dort hast du Gelegenheit in Kurse ihrer Online-Hebammenpraxis reinzuschnuppern. Hier gehts in den Echte Mamas Club!
*Dieser Text enthält Affiliate-Links, die mit einem Sternchen gekennzeichnet sind. Das heißt: Immer, wenn du etwas darüber bestellst, erhalten wir vom Verkäufer einen kleinen Obolus. Der Preis des Produkts ändert sich dadurch nicht. Für Produktlinks, die nicht mit Sternchen gekennzeichnet sind, erhalten wir keine Vergütung. Unsere Berichterstattung wird durch die Vergütung nicht beeinflusst.