Bei einer Kindesentführung denken die meisten von uns an Szenen wie aus einem Actionfilm: Ein weißer Lieferwagen fährt vor, schwarz vermummte Männer springen heraus und zerren das Kind gewaltsam ins Auto. Eine Entführung kann aber auch ganz anders aussehen.
Die Kindesentführung kann zum Beispiel aus der Eskalation eines Elternkonflikts resultieren. Und zwar dann, wenn das gemeinsame Kind von einem Elternteil gegen den Willen des anderen ins Ausland gebracht oder dort festgehalten wird, ohne dass dieser das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht hat. Für den zurückgelassenen Elternteil geht diese Situation mit der akuten Angst einher, Tochter oder Sohn zu verlieren.
Entführung der Kinder: Blockhouse-Erbin streitet mit Expartner ums Sorgerecht
In den Medien wird gerade ein aktueller Fall diskutiert: Blockhouse-Erbin Christina Block und Ex-Mann Stephan Hensel streiten seit beinahe 10 Jahren um das Sorgerecht ihrer vier Kinder. In der vergangenen Silvesternacht ereignete sich schließlich der traurige Höhepunkt des Konflikts: Die mittlerweile in Dänemark bei ihrem Vater lebenden jüngsten Geschwister Theodor und Klara schauten gerade dem Feuerwerk zu, als sie von unbekannten Männern entführt wurden, wie zum Beispiel ntv.de berichtet.
Rund zwei Tage später bestätigte Christina Block, dass sich die Kinder bei ihr in Hamburg befinden. Im Anschluss rissen die Schlagzeilen über die Familie der millionenschweren Unternehmerin nicht ab: Es gab Mutmaßungen, dass die 49-Jährige ehemalige Mossad-Agenten mit der Rückholung ihrer Kinder beauftragt habe.
Freitagabend folgte dann die wohl größte Wendung im bisherigen Fall.
Theodor und Klara sind zurück beim Vater in Dänemark, das bestätigte Familie Block der Bild-Zeitung. Der Vater hatte die beiden jüngsten Kinder nach einem Besuchswochenende bei ihm in Dänemark nicht wie vereinbart zurück nach Deutschland gebracht. Er behielt sie zwei Jahre widerrechtlich dort.
Solche oder ähnliche Vorgehensweisen sind leider nicht ungewöhnlich: Statistisch verschwindet jeden zweiten Tag ein Kind aus Deutschland durch einen Elternteil. 2022 zählte das Bundesamt für Justiz (BfJ) 187 neue Fälle von Kindesentziehungen, wie es gegenüber ntv.de mitteilt. Die Dunkelziffer dürfte aber noch um ein Vielfaches höher sein.
Laut des Verbands binationaler Familien und Partnerschaften gibt es in fast allen binationalen Familien in Krisen und schwerwiegenden Konfliktsituationen Ängste vor einer Kindesentführung oder die Drohung damit. Die Spannbreite liegt zwischen panischer Angst und deutlicher Drohung bis hin zu ganz unterschwelligen, wagen Befürchtungen oder entsprechenden Andeutungen.
Was kann ich tun, wenn ich eine Kindesentführung durch den anderen Elternteil befürchte?
Im Prozess einer Trennung können Sätze fallen, die Angst machen, dass der Partner mit dem Kind abhauen könnte. Die Angst wird befeuert, wenn der andere Elternteil mit der Tochter oder dem Sohn in den Urlaub fahren möchte oder wenn ein Kind nach dem gemeinsamen Wochenende nicht zur vereinbarten Zeit nach Hause gebracht wird.
Wenn du befürchtest, dass dein Expartner euer Kind entführen könnte, dann kannst du dich an „Zank” wenden, die Zentrale Anlaufstelle für grenzüberschreitende Kindschaftskonflikte und Mediation. Auf der Webseite findest du Kriterien anhand derer du prüfen kannst, ob deine Sorge vor einer Entführung möglicherweise berechtigt ist.
Ausschlaggebend sind zum Beispiel:
- Der Einfluss der Familie
- Konfliktpotenzial zwischen den Eltern
- Drohungen oder Andeutungen
- Bezug des Expartners zu Deutschland
- Wunsch auszuwandern
Deine Möglichkeiten
Wenn klärende Gespräche mit dem Partner nichts bringen, können sich Betroffene auch an das zuständige Jugendamt wenden. Vor den Mitarbeitenden oder in Familienberatungsstellen kannst du deine Befürchtungen äußern und überlegen, wie du weiter vorgehen möchtest.
Du möchtest, dass dein Kind den anderen Elternteil nur im Beisein eines Dritten sehen darf? Ein solcher begleiteter Umgang kann beispielsweise beim Jugendamt freiwillig vereinbart oder durch ein Gericht bestimmt werden. Begleiteter Umgang ist in der Regel zeitlich begrenzt, es handelt sich also nur um eine vorläufige Lösung. Du solltest allerdings berücksichtigen, dass der Antrag den Konflikt verschärfen könnte.
Wenn du dich bereits mit (Rechts-)Experten zusammengesetzt hast und nach reiflicher Überlegung zum Schluss gekommen bist, dass die gemeinsame elterliche Sorge oder auch das aktuelle Besuchsrecht zu einem zu großen Risiko geworden ist, bleibt möglicherweise nur noch der Gang vor Gericht. Befindest du dich gerade in der akuten Situation und glaubst, dass dein Kind vom anderen Elternteil entführt wurde? Dann wende dich bitte umgehend an die Polizei.
Eltern sollten das Wohl ihrer Kinder immer im Blick behalten
Das Wichtigste ist, dass Eltern ihre persönlichen Differenzen nicht auf dem Rücken des Kindes austragen. Für die Kleinen ist eine Trennung der Eltern schon schwer genug, aus Streitigkeiten und Unstimmigkeiten sollten Eltern sie möglichst raushalten. Das Kind wünscht sich in den meisten Fällen Kontakt zu beiden Eltern, dies sollten die Erwachsenen auch gewährleisten, so lange es irgendwie möglich ist.