„Wo meine Kinder gerade sind??? Bei ihrem Vater, verdammt!“

„Viele kluge und starke Frauen und Mütter haben zu dem Thema schon etwas gesagt, vermutlich auch schöner und besser formuliert, als ich es je könnte. Aber ich kann gerade nicht anders, denn ich bin soooo wütend!

Ich habe eben ein Paket bei unserem Nachbarn abgeholt – In Sportkleidung, denn jeden Dienstag gehe ich um 17 Uhr zum Spinning. Ein netter Plausch, ich bedanke mich für das Annehmen der Post und erzähle, dass ich gerade vom Sport komme. Und dann kam sie (mal wieder!!), diese Frage, von der ich dachte, dass sie doch bitte bitte mittlerweile einfach wirklich raus aus den Köpfen ist:

„Und wer ist in der Zeit bei den Kindern?“

Wumms. Kurz mal wieder eines besseren belehrt worden. Na klar, wenn die Mama zweier Kinder mal für eine Stunde aus dem Haus ist, dann liegt eine akute Kindeswohlgefährdung natürlich nahe. Dabei weiß dieser Nachbar sehr wohl, dass die Kinder einen Vater haben, der mit bei uns wohnt und tagtäglich die Kinder betüdelt, sich kümmert, mit Sack und Pack durchs Treppenhaus schleift und und und. 

Und das tut er wirklich! Ich kann nicht sagen, dass wir uns die Carearbeit 50/50 aufteilen. Aber während ich noch in Elternzeit bin, arbeitet er eben auch 40 Stunden die Woche. Aber wenn er nach Hause kommt, ist er sofort da, sieht von sich aus, was anfällt und kümmert sich selbstverständlich um SEINE Kinder. Oder besser gesagt: Sobald er zuhause ist, sind es eben UNSERE Kinder, für die wir uns gleichermaßen verantwortlich fühlen.

Es macht mich so mürbe: Die Mühlen mahlen, aber einfach viel zu langsam.

Erinnert ihr euch noch an den Mann der deutschen Astronautin, der den Preis „Spitzenvater des Jahres“ gewonnen hat? Er hatte sich schlichtweg  Elternzeit genommen, damit sie sich auf einen möglichen Einsatz auf der ISS vorbereiten konnte. Wow, was ein Mannsbild, ein richtiger Held. Ein Mann, der sich doch tatsächlich herablässt, seine von ihm gezeugten Kinder auch zu bekochen, ins Bett zu bringen und für die Kinder anzuziehen.

An alle, die jetzt monieren, dass das ja schon 2019 passiert ist: Entschuldigt bitte, ihr habt natürlich Recht, dass die Geschichte schon ganze 5 Jahre her ist. Aber wisst ihr, was ebenfalls 2019 entschieden wurde und was bis heute noch nicht in Deutschland umgesetzt wurde? Die EU-Richtlinie, dass Vätern nach der Geburt ihres Kindes 10 Tage bezahlter Vaterschaftsurlaub zusteht. 

Es wäre sicherlich nicht die Lösung aller Probleme, aber in meinen Augen ein so so wichtiger Schritt.

Es ist einfach logisch, dass sich ein Papa, der von Tag eins an dabei ist und sich kümmern KANN und DARF, ohne sich Sorgen um Einkommen oder Arbeitgeber machen zu müssen, langfristig eine ganz andere Beziehung zu seinem Kind hat. Und das sind nur zwei Beispiele für absolut nicht förderliche Botschaften, die durch Politik und Gesellschaft geistern und dem dringend notwendigen Selbstverständnis im Weg stehen. Uff!!!

Aber wisst ihr, was mich eigentlich noch mehr nervt?

Dass ich selber oft unbewusst Teil dieser dämlichen Klischee-Reproduktionsmaschine bin. Wenn ich mich mal mit meiner Freundin und ebenfalls Mama auf zwei Stunden Kaffee und Quatschen ohne Kinder verabrede, sagen wir, wir „gönnen“ uns ne kleine Auszeit. Egal, ob ironisch oder beiläufig, die Wortwahl ist an sich schon scheiße.

Mein Mann verschwindet jeden Sonntag drei Stunden zum Fußball mit seinen Jungs. Punkt.

Kein Gönnen, keine verdiente Auszeit – es ist einfach sein selbstverständlicher Sport, feste Routine und niemand würde es je in Frage stellen. Geschweige denn nur auf die Idee kommen, zu fragen, wo seine Kinder in der Zeit sind. Bitte nicht falsch verstehen. So soll es sein, keine Frage. Aber eben bitte auch für uns Mütter! 

Eben war ich einfach nur perplex. Aber vielleicht frag ich morgen unseren Nachbarn mal, was er am kommenden Sonntag zwischen zwischen 11 und 14 Uhr macht. Denn der Vater ist dann schließlich nicht da, um seine Kinder zu betreuen.“


Liebe Svetlana, vielen Dank, dass du uns deine Geschichte anvertraut hast. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

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Jana Krest
Obwohl ich ein absolutes Landkind aus der Eifel bin, lebe ich schon seit einigen Jahren glücklich in Hamburg. Hier habe ich nach meinem Bachelor in Medien- und Kommunikationswissenschaften und Soziologie auch noch meinen Master in Journalistik und Kommunikationswissenschaften gemacht. Während meines Studiums kümmerte ich mich frühmorgens, wenn die meisten noch schliefen, bei der Deutschen Presse-Agentur darum, dass die nächtlichen Ereignisse aus ganz Norddeutschland in die Nachrichten kamen. Und ich hatte jahrelang noch den für mich besten Nebenjob der Welt: Die süßen Kinder von anderen betreuen. Nachdem ich Echte Mamas zunächst als Praktikantin kennenlernen durfte, schreibe ich nun als Redakteurin über alles, was Mamas beschäftigt: Von praktischen Ratgeber-Texten über aktuelle Trends bis hin zu wichtigen Recht- und Finanzthemen.

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