Wohnungssuche: „Warum vermietet ihr nicht an alleinerziehende Mütter!?“

„Hallo, ich bin Tatjana und alleinerziehende Mama. Ich lebe mit meinem fünfjährigen Sohn in einem Vorort von München. Bezahlbaren Wohnraum gibt’s hier kaum, wie sich vermutlich herumgesprochen hat. Wegziehen kann ich trotzdem nicht so einfach. Meine Eltern leben hier, die mir dabei helfen, Niklas zu betreuen. Ohne sie wären wir niemals so gut durch die Corona-Zeit –  mit geschlossener KiTa und Homeoffice-Pflichten gekommen. Niklas‘ Vater hat uns direkt nach der Geburt verlassen, weil ihm auffiel, dass er sich doch noch nicht ,reif‘ genug für ein Kind fühlte.

Inzwischen kommen wir gut zurecht, dachte ich jedenfalls…

Niklas geht in eine tolle KiTa, und ich habe eine 3/4-Stelle als Assistentin der Geschäftsführung in einem kleinen Verlag gefunden. Wahnsinnig viel Geld verdiene ich nicht, aber bislang hat es immer gereicht. Doch dann wollte unser Vermieter unsere Wohnung ,luxussanieren`, sprich: uns loswerden. Natürlich wollte ich gerne etwas in der Nähe finden. Niklas fühlte sich so wohl in seiner KiTa, und meine Arbeitsstelle war in zehn Minuten zu Fuß erreichbar. Perfekt, weil so mehr Zeit für meinen Sohn und mich blieb, und ich mir ohnehin kein Auto leisten kann.

Ich halte mich für eine gute Mieterin – zuverlässig, freundlich und ordentlich. Offenbar bin ich aber schon deshalb raus, weil ich keinen Mann habe. Weshalb sonst kassierte ich nur Absagen? Nicht einmal mein unbefristeter Arbeitsvertrag nützte etwas. „Ich nehme lieber Paare“, sagte mir ein Vermieter unverblümt ins Gesicht. „Wie wollen Sie das allein alles schaffen, mit Kind und Job?“ Mir fehlten echt die Worte.

Ich war so traurig für meinen Sohn

Denn es wurde immer klarer, dass ich in unserer vertrauten Umgebung, die er liebte, nichts finden würde. Also steckte ich mir ein größeres Umfeld ab, vergeblich. Sogar mein Chef hat gemerkt, dass ich immer angespannter wurde. Schließlich ,beichtete` ich ihm, was bei mir los ist. Er reagierte zum Glück verständnisvoll. Er erlaubte mir sogar, während der Arbeitszeiten Wohnungen anzuschauen, damit ich Niklas nach einem langen KiTa-Tag nicht noch von Haus zu Haus schleppen musste. Doch auch das brachte nichts als Absagen, wenn überhaupt. Mir blieb nur noch, zumindest vorübergehend in eine WG für Alleinerziehende oder zu meinen Eltern zu ziehen. Mit Fremden zusammenzuleben, hätte mich in dieser Situation überfordert, also blieb uns nur ein kleines gemeinsames Zimmer bei meinen Eltern. Echt keine Ideallösung. Niklas und ich tingelten nun jeden Morgen über eine halbe Stunde mit dem Bus zu seiner KiTa und ich dann weiter zur Arbeit.

Parallel suchte ich weiter. In einem Anzeigenblatt entdeckte ich eine 2,5-Zimmer-Wohnung, die fast in der Nachbarschaft unseres alten Zuhauses lag. Große Chancen rechnete ich mir nicht aus. Wir wurden nämlich in einer ziemlich großen Gruppe von der Vermieterin rumgeführt. Ein Mann forderte die Wohnung schon für sich, bevor der Rundgang überhaupt begonnen hatte. Die Wohnung war ein wenig heruntergekommen. Die Tapeten wirkten vergilbt und altmodisch, auch der Teppich hatte die besten Zeiten hinter sich. Aber die Räume waren perfekt für Niklas und mich geschnitten. Weil es eine Erdgeschosswohnung war, gab’s sogar einen Zugang zu einem kleinen, romantisch eingewachsenen Garten. Ich stellte mir Niklas darin vor und hätte beinahe angefangen zu heulen. Ich war mir sicher: wieder nichts. Sicher würde der alleinstehende Mann den Zuschlag erhalten.

Ich konnte es nicht glauben, als die Vermieterin bei mir anrief

Sie wollte uns tatsächlich die Wohnung anbieten. Sie sagte sogar zu, sich vorher noch um den Fußboden und die Wände zu kümmern. Die vorherigen Mieter hatten innerhalb von 20 Jahren wohl nie etwas daran gemacht. Als ich losheulte, war die Frau ganz erschrocken. Deshalb erzählte ihr von den Schwierigkeiten bei meiner Suche. Sie war verdattert, da ihr selbst nie der Gedanke gekommen war, alleinerziehende Mütter könnten schlechte Mieterinnen sein. Heute bin ich so glücklich, dass Niklas und ich hier wohnen dürfen. Und alle Vermieter und Vermieterinnen bitte ich: Übergeht uns nicht immer, wenn ihr eine Wohnung anzubieten hat. Paare können sich trennen. Alleinstehende ihren Job verlieren. Aber gerade wir Alleinerziehenden können oft ziemlich gut mit Herausforderungen umgehen und sind nur selten unzuverlässig. Das können wir uns nämlich gar nicht erlauben.“

Danke, liebe Tatjana, dass du uns an deiner Geschichte hast teilhaben lassen!

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Jana Stieler

Ich lebe mit Mann und Sohn im Süden Hamburgs – am Rande der Harburger "Berge" (Süddeutsche mal kurz weghören: Der höchste Punkt misst immerhin sagenhafte 155 Meter ü. M.). Wenn ich nicht gerade einen Text verfasse, liebe ich Outdoor-Abenteuer mit meiner Familie, lange Buch-Badewannen-Sessions mit mir allein und abendliches Serien-Binge-Watching.

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Martina
Martina
1 Jahr zuvor

Hallo geht mir genau so mein ex hat mich auch rausgeworfen wo ich Schwanger war. Und jetzt ist meine Tochter 5 Monat alt. Gott sei Dank hat meine Mutter und mein Stiefvater mich aufgenommen. Das zimmer hat auch nur 14 Quadratmeter. Und bekomme auch nur absagen,habe echt keine Hoffnung mehr. Ist heut zu tage nur noch traurig.

Marie
Marie
1 Jahr zuvor

Lieben Dank für diesen Beitrag, der ein wenig Mut spendet!
Ich bin seit über 1 Jahr auf Wohnungssuche und trotz unbefristetem Job an einer Uni mit meinen 2 Kindern sofort aus jeder Wohnungsvergabe heraus. Einmal hatte ich eine tolle Whg mit kleinem Garten gefunden und den Vermieter angeschrieben. Als Info kam nur ein Satz zurück: Ich denke Ihre Kinder sind zu alt.
Mehr nicht.. nur dieser Satz. Meine Kinder gehen auf die weiterführende Schule. Mir war nicht bewusst, das Kinder zu alt für eine Whg sein können.

Es gibt Tage, da gebe ich auf und dann die anderen wo ich wieder Hoffnung schöpfe.

Bei uns in der Gegend werden immer nur Rentner oder kinderlose Paare mittleren Alters gesucht.. verrückt.

Anonym
Anonym
2 Jahre zuvor

Tina
Mein Ex hat mich wo ich schwanger war rausgeworfen. Das ich dann am Boden war und meine Mutter mich Gott sei Dank aufgenommenen hat. Und seit dem bin ich auf Wohnung suche. Jetzt ist meine Tochter drei Monate alt, und bekomme auch nur absagen bei Wohnung. Und mega weit weg ziehen möchte ich nicht weil meine Familie und Freunde hier in der Nähe alle wohnen. So langam habe ich keine Hoffnung mehr das eine Wohnung finden werde, wo auch nicht so teuer ist.

Elisa
Elisa
2 Jahre zuvor

Der Artikel spricht mir aus der Seele! Warum gelten Alleinerziehende als nicht vertrauenswürdig für so viele Vermieter?!
Ich bin alleinerziehend mit einem -fast erwachsenen- Sohn (15), verdiene recht gut und finde trotzdem keine Wohnung im Raum München, ebenfalls wie Tatjana.

Bei einer der seltenen Möglichkeiten einer Wohnungsbesichtigung wurde mir doch tatsächlich der Hinweis gegeben, dass Kinder Geld kosten. Aha?! Das ist mir in 15 Jahren ja völlig entgangen!
Gerade wir wissen doch wie man sein Geld zusammenhält, bitte etwas mehr Vertrauen!

Hajnalka Krüger
Hajnalka Krüger
2 Jahre zuvor

Ich bin alleinerziehend mit 4 ziemlich kleine Kinder… Habe 2,5 Jahre gebraucht bis ich endlich eine Wohnung gefunden habe… Hilfe vom Jugendamt oder Kinderschutzbund oder sogar Sozialwohnung Fehlanzeige… Der Jobcenter hatte mir nicht alle Kosten anerkannt weil der alte Wohnung (nach dem mein Ex ausgezogen war) zu groß für 5 Leute war…. Jetzt wird auch nicht alles übernommen ; weil wir 10m2 zu viel haben… Armes Deutschland… Arme Kinder… Wie wenn ich mit 4 Kinder verlassen werden wollte… Und nicht der Krankheit meines Nochehemannes unser Leben zerstört hätte… Furchtbar!

Becci
Becci
2 Jahre zuvor

Immer wieder erschreckend sowas mitzubekommen. Ging mir als ich alleinerziehend war auch ähnlich. War, Aufgrund der Trennung, auf der Suche nach nach einer 3 Zimmerwohnung für mich und meine zwei Kinder. Hatte auch einen unbefristeten Arbeitsvertrag und zur letzten Not sogar meine Mutter (Hausbesitzerin) als Bürgen für eine Wohnung (falls notwendig 🙄). Kam aber teilweise nicht mal so weit um irgendetwas auszuhandeln, mir wurde schon am Telefon abgesagt mit unter anderem so Aussagen wie „Ja die 3-Zimmerwohnung ist noch frei, aber ich kann Sie nicht nehmen, sie haben zwei Kinder, wenn Sie nur eins hätten ok, aber Zwei sind mir zu viel.“ Das hat mich auch sehr wütend gemacht und ich find es schon krass, dass Leute so offen diskriminiert werden dürfen. Ich kam dann aber in eine Wohnung, zu einen sehr verständsvollen Vermieter, der mir damals sogar beim Umzug half. So Menschen gibt es Gott sei dank auch noch.