„Wann sind wir endlich daaaaaa?“ Warum unsere Kinder uns mit dieser Frage nicht nerven wollen

„Mamaaaa, wie lange noch?“ Mit dieser Frage liegen unsere süßen Kleinen uns ja gerne mal in der Schlange an der Supermarktkasse, im Wartezimmer oder auf langen Autofahrten in den Ohren. Puh, das kann wirklich ganz schön nerven! Besonders, wenn wir Mamas gerade selbst gestresst sind.

Aber wusstest du, dass unsere Kinder uns mit ihrer ständigen Fragerei gar nicht nerven wollen – und es auch nichts mit Ungeduld zu tun hat? Die Kleinen haben einfach noch ein komplett anderes Zeitgefühl als wir!

Babys und kleine Kinder leben im Hier und Jetzt

Unsere Kinder leben im Hier und Jetzt, erklärt der Zeitforscher Prof. Marc Wittmann vom Institiut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene Freiburg im Interview mit ntv.de. Das ist biologisch bedingt. Ihr gesamtes Gehirn ist mit Lernen beschäftigt. Sie beobachten ihre Umgebung und saugen alles auf wie ein Schwamm. Da bleibt kein Platz für zeitliche Dimensionen. Unsere Kinder verbinden die vergehende Zeit immer mit Handlungen: Spiel-, Essens- und Schlafphasen unterteilen ihren Tag.Wir Erwachsenen dagegen haben verlernt, uns auf den Moment einzulassen. „Allgemein wechselt die Aufmerksamkeit von Erwachsenen schnell zwischen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft hin und her“, so der Forscher. Wir sind in Gedanken ständig schon bei den nächsten Terminen und To Dos. Eigentlich traurig, oder?

Erst in der Schulzeit entwickeln Kinder ein Gefühl für Zeit

Zwischen drei und sechs Jahren beginnen unsere Kinder zu erahnen, dass es so etwas wie Zeit gibt. Sie verstehen zum Beispiel: Ein großer Hund (einer Rasse) ist älter als ein kleiner. Oder: Wenn zwei Autos ein Rennen fahren, ist das eine schneller als das andere.

Erst zwischen ihrem sechsten und siebten Lebensjahr bekommen Kinder ein erstes richtiges Bewusstsein für Zeit. „Meist geschieht dies ungefähr mit dem Eintritt in die Schule. Sie lernen dann, wie lange eine Schulstunde geht und von wann bis wann Pausenzeit ist“, so Marc Wittmann. Diese klaren und wiederkehrenden Zeitabschnitte helfen dabei, ein erstes Gefühl für die Dauer von Zeitabschnitten zu entwickeln. Je älter wir werden, desto mehr orientieren sich unsere Gedanken und Handlungen in die Zukunft.

Warum die Zeit für uns Erwachsene rast – und für Kinder nicht

Hast du auch das Gefühl, dass die Zeit mit zunehmendem Alter schneller vergeht? Fragst du dich auch oft: Wo sind bloß die Jahre hin? Gerade noch hast du dein Baby im Arm geschunkelt. Und plötzlich steht dein Schatz mit einer Schultüte vor dir! Auch dafür gibt´s eine einleuchtende Erklärung: Blickst du auf das Jahr zurück, entscheidet die Anzahl an Erinnerungen, ob es sich lang oder kurz anfühlt. Je mehr Abwechslung das Jahr hatte, desto mehr Erinnerungen kommen zusammen.

„Da der Alltag von Erwachsenen viel von Routinen und den immer gleichen Aufgaben geprägt ist, fühlt es sich an, als würde die Zeit wesentlich schneller vergehen. Im Kinder- und Jugendalter ist hingegen noch alles neu und vieles hat eine Erstmaligkeit“, weiß der Zeitforscher. Wie die Zeit wahrgenommen wird, ist übrigens auch von Kultur zu Kultur verschieden. In Deutschland sind die Menschen sehr stark uhrzeitorientiert, in manchen anderen Ländern orientieren sich die Menschen eher an Ereignissen.

Tipps: So erklärst du deinem Kleinkind die Zeit

Die Zeit ist etwas Abstraktes. Sie kann nicht mit den Sinnen wahrgenommen werden. Daher haben Kinder große Schwierigkeiten, sie zu greifen. Zeitgefühl lässt sich daher auch nicht erklären oder trainieren. Die Uhr können Kinder irgendwann lernen – die Einschätzung von einer Zeitdauer kommt mit der Lebenserfahrung von ganz alleine.

Du kannst es deinem Kind allerdings leichter machen, wenn es in der Supermarktkasse oder im Auto unruhig wird und dich mit Fragen bombardiert. Prof. Wittmann empfiehlt, das Verwenden von konkreten Zeitangaben bei Kindern zu vermeiden. Besser ist es, bekannte Erfahrungen zu verwenden. Zum Beispiel: „Die Fahrt dauert noch so lange wie deine Lieblingssendung“. Oder statt „übermorgen fahren wir zur Oma“: „Wir schlafen noch zweimal, dann fahren wir zur Oma“.

Lassen wir unseren Kindern die magische Zeitlosigkeit!

Eigentlich ist es doch schön (und ziemlich beneidenswert!), dass unsere Kinder im Hier und Jetzt leben, oder? Und nicht, wie wir, in Gedanken schon bei den nächsten Terminen sind. Lassen wir unseren Schätzen doch diese magische Zeitlosigkeit. Und manchmal hat das fehlende Zeitgefühl unserer Kinder sogar Vorteile. Holen wir unseren Schatz zum Beispiel später als sonst aus der Kita ab, müssen wir kein schlechtes Gewissen haben. Vorausgesetzt, die Erzieher schaffen es, das Kind geschickt abzulenken. Häufig versinken sie total im Spiel und merken gar nicht, wie die Zeit verstreicht.

Mit diesem Wissen über das kindliche Zeitgefühl im Hinterkopf können wir Mamas das nächste Mal hoffentlich gelassener und geduldiger reagieren, wenn unsere Kleinen uns mal wieder mit Fragen nach der Ankunft löchern!

Corinna Siemokat

Ich arbeite seit über zehn Jahren als Journalistin. Studiert habe ich Modejournalismus/Medienkommunikation, schreibe mittlerweile aber viel lieber über Frauen- und Familienthemen als über Fashion. Ganz besonders am Herzen liegt mir das Thema Vereinbarkeit. Dafür setze ich mich auch in meinem Job als Office Managerin bei Coworking Toddler (Kinderbetreuung + Coworking Space) ein. Ich lebe mit meinen zwei Söhnen (6 und 2 1/2 Jahre alt) in Berlin. Mit zwei kleinen Jungs Zuhause ist es oft wild und turbulent (die Autonomiephase bei K2 lässt grüßen…). Eine prima Inspirationsquelle für meine Artikel bei Echte Mamas! Wenn zwischen Spielplatz, Sporthalle und anderen spannenden Aktivitäten mit den Kids noch Zeit bleibt, gehe ich gerne joggen, zum Yoga oder entspanne in der Badewanne.

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