Ein unerfüllter Kinderwunsch ist für alle Paare, ob hetero,- oder homosexuell, eine sehr schmerzhafte Situation. Dieses ständige Warten und Bangen, diese Sorgen und dazu noch hohe Kosten für Ärtzte und Untersuchungen. Verständlich, dass die Nerven schnell blank liegen. Sex und Zärtlichkeiten werden nur noch nach dem Eisprung-Kalender ausgetauscht, wenn man es denn kann.
Für heterosexuelle Paare bedeutet Sex nach Plan in den meisten Fällen zwar keine Freude, aber wenigstens die Chance, auf natürliche Art ein Kind zu zeugen. Aber wie machen das homosexuelle Paare? Die gar nicht die Möglichkeit haben, es jeden Monat aufs Neue zu versuchen?
Eine lesbische Mama hat uns von ihrer Kinderwunsch-Geschichte erzählt und ihrem langen, steinigen Weg:
„Meine Kinderwunsch-Geschichte begann vor drei Jahren. Ich war bereits über acht Jahre glücklich mit meiner Freundin zusammen, als wir beschlossen, dass wir ein Baby möchten. Am besten ganz schnell und sofort.
Für uns stand eigentlich schon immer fest, dass unsere Familie nicht nur aus uns beiden bestehen soll. Und wir waren uns auch direkt einig, dass ich die Kinder bekommen werde.
Aber, was sollten wir nun tun?
Wir haben uns zu allerst in unserem Bekanntenkreis umgehört. Dort haben wir auch den Tipp bekommen, zu einer seriösen Samenbank zu gehen. Alle Geschichten die wir gehörten haben, klangen so positiv und optimistisch. Das Feuer sprang schnell auf mich über. Wenn andere so schnell schwanger werden können, dann muss das doch auch bei uns klappen.
Die Samenbank war die Lösung.
Die Besuche bei der Samenbank waren, das muss ich sagen, sehr nett. Uns wurde immer alles ausführlich erklärt. Zum Beispiel, dass wir uns bei einer Samenspende auf bestimmte genetische Grundmerkmale (Augenfarbe und Haarfarbe) festlegen können. So haben wir die Augenfarbe und die Haarfarbe meiner Freundin angegeben, damit das Kind uns im besten Fall beiden etwas ähnlich sieht. Und dann gab es noch einen sehr langen und ausführlichen Vertrag.
Die rechtliche Lage für eine Samenspende in Deutschland ist nämlich etwas kompliziert. Ein Kind, das durch eine Samenspende gezeugt wurde, hat nämlich ein Recht darauf, zu erfahren, wer sein biologischer Erzeuger ist. So darf sich jedes Kind ab 18 Jahren bei der Samenbank melden und die Identität des Spenders erfragen. Und genau das kann problematische Folgen haben. Das Kind könnte unter anderem Erbschafts-, oder Unterhaltsansprüche geltend machen.
Deswegen mussten wir beide unterschreiben, dass im Falle einer Trennung, meine Freundin für das Kind aufkommen würde. Auch wenn sie biologisch nicht mit dem Kind verwandt ist.
Bei der Samenbank, bei der wir waren, war es außerdem eine Voraussetzung, dass wir eine eingetragene Lebensgemeinschaft haben.
Das ganze Organisatorische war schon sehr heftig und als wir damit endlich fertig waren, fiel uns beiden ein Stein vom Herzen. Endlich konnte es los gehen.
Ich habe vor dem ersten Befruchtungsversuch keine Hormone eingenommen. Nach Rücksprache mit dem Arzt, der mit der Samenbank zusammenarbeitet, war das nicht nötig. Per Ultraschall wurde geschaut, ob eine reife Eizelle vorhanden ist. Dann fand auch schon zwei Tage später die Befruchtung (Insemination) statt. Mittels eines Katheters wurde das Sperma in meine Gebärmutter eingeführt. Das dauerte nicht lange und war absolut schmerzfrei.
So, und dann hieß es warten. 14 lange Tage warten.
Und ich kann euch sagen, 14 Tage können sehr lang sein, wenn man sich sehnlichst ein Kind wünscht. Ich habe jedes Ziepen und jeden Druck gedeutet und analysiert. Am Ende hat es leider nicht geklappt.
Ich hielt einen negativen Schwangerschaftstest in den Händen und bin erst einmal in Tränen ausgebrochen. Dieser Moment war nicht einfach. Wir haben uns so intensiv mit unserem Kinderwunsch beschäftigt, täglich darüber geredet, uns schon gefreut und dann das.
Irgendwie hat mich die ganze Situation stark überfordert und dann noch das Geld. Wir haben 1.500 Euro für diesen Versuch bezahlt.
Mir kam es so vor, als hätten wir das Geld einfach so zum Fenster hinausgeworfen. Nach ein paar Tagen hatte ich mich wieder gesammelt. Es hieß: aufstehen, Krone richten, weiter geht’s.
Wir sind wieder in die gleiche Klinik gefahren und haben eine zweiten Versuch unternommen. Wieder Ultraschall, zwei Tage später hin, Samenspende einsetzen und wieder warten.
Und nach 14 Tagen wieder ein negativer Schwangerschaftstest. Und wieder eine Rechnung über 600 Euro.
Also Versuch Nummer 3.
Diesmal war der Gynäkologe beim Einsetzen des Spermas ganz aus dem Häuschen. Der Zeitpunkt wäre perfekt, mein Eisprung würde quasi jetzt stattfinden. Ich machte mir Hoffnungen und wurde wieder enttäuscht.
Auch beim dritten Versuch klappt es nicht. Wieder waren wir 600 Euro ärmer.
Meine Freundin und ich sahen in diesem Moment keine andere Möglichkeit, als immer weiter zu machen. Wir wünschten uns so sehr ein Kind und zwei Frauen können auf natürliche Weise eben keine Kinder bekommen. Wir sind also zum vierten Mal zu der Samenbank gefahren.
Diesmal wurde der Eisprung mit einer Spritze ausgelöst und ich habe nach der Befruchtung die ersten Medikamente eingenommen. Das Medikament beinhaltete das Hormon Progesteron, das zum Erhalt einer Schwangerschaft wichtig ist und Frühgeburten verhindert.
Okay, gesagt getan. Ich dachte, mit fremder Unterstützung wie dem Medikament muss es doch jetzt klappen.
Zwei Wochen später hielt ich wieder einen negativen Test in den Händen. Aber meine Periode blieb aus. Ich hatte etwas Hoffnung und fragte mich, ob der Test vielleicht nicht richtig funktioniert. Ich bin also zu meinem Frauenarzt gefahren und habe dort meine HCG-Wert testen lassen.
Leider negativ. HCG-Wert im Blut: 0.
Erst mein Frauenarzt klärte mich auf, dass Progesteron die Blutung verschieben kann. Na, super! Warum hat mir das niemand in der Klinik gesagt?
Ich war sehr traurig und niedergeschlagen, aber habe dann trotzdem weitergemacht. Auch einen fünften und sechsten Versuch haben wir unternommen. Ohne Erfolg.
Es sollte und wollte einfach nicht klappen. Ich wurde nicht schwanger. Ich brauchte eine Pause – und meine Freundin auch.
Aber nur für kurze Zeit. Denn der Arzt der Klinik riet mir, dass ich mich durch eine Bauchspiegelung genauer untersuchen lassen sollte. Aber davor hatte ich furchtbare Angst. Das ist schließlich ein Eingriff unter Vollnarkose.
Ich habe lange darüber nachgedacht und mich am Ende für diesen Eingriff entschieden. Ich wollte wissen, ob etwas nicht mit mir stimmt.
Im Krankenhaus war dann alles ganz schrecklich. Aber mir wurde tatsächlich eine Endometriose diagnostiziert und die Operation musste sein.
Als ich anschließend wieder zu Hause war, haben wir uns darauf geeinigt, schnell mit den Befruchtungsversuchen weiter zu machen. Angeblich waren meine Chancen schwanger zu werden, jetzt höher. Wir starten also sehr sehr optimistisch in den siebten Versuch.
Aber ihr könnt es euch vielleicht denken, es klappte wieder nicht. Wir waren beide nur noch am heulen und unsere Beziehung fing an zu leiden. Ich konnte von nichts anderem mehr reden, als diese Versuche endlich schwanger zu werden. Meine Partnerin war auch schon komplett überfordert. Mit mir, mit unserem unerfüllten Kinderwunsch, einfach mit allem.
Als lesbisches Paar bist du auf fremdes Sperma angewiesen und wir fühlten uns hilflos. Also, wieder zurück in die Klinik. Versuch Numer 8 und Versuch Nummer 9 scheiterten wieder.
Es reichte uns… wir entschieden uns zu einem Klinikwechsel. Wieder unzählige Gespräche, Verträge und neue Hoffnung.
Und eine neue Methode. Wir entschieden uns für das ICSI-Verfahren. Eine externe Befruchtung der Eizellen, die später wieder in die Gebärmutter eingesetzt werden.
Das Verfahren ist ganz schön aufwendig und ich musste mir vor dem Einsetzen der Eizellen, selbst Medikamente spritzen. Eine ziemliche Überwindung. Aber was tut man nicht alles für ein Baby… Also habe ich mir selbst bis zu vier Injektionen pro Tag gespritzt.
Ich möchte euch mit den Details des ICSI-Verfahrens nicht langweilen. Nur so viel: Am Ende wurden mir 2 „Blastos“ (erfolgreich befruchtete Eizellen) eingesetzt.
Ich war überglücklich und richtig euphorisch. Jetzt musste es geklappt haben. Nach ein paar Tagen dann die Ernüchterung. Der Schwangerschaftstest fiel wieder negativ aus.
HCG-Wert: 0,5.
Ich fühlte mich wie ein Versager. Ich war mir nicht sicher, wie es mit unserer Beziehung weitergeht. Alles stand auf der Kippe. Wenn es nicht einmal die neueste Medizin schafft, uns ein Kind zu schenken. Ich sah nur noch schwarz.
Der Arzt ermutigte uns, nicht aufzugeben und einen zweiten Befruchtungs-Versuch zu wagen. Es wären zwar nur zwei Eizellen mit schlechter Qualität übrig und ich solle mir nicht zu viele Hoffnungen machen. Aber wir können diese zwei „Eisbärchen“ einsetzen.
Gesagt, getan. Aber ich hatte überhaupt keine Hoffnung mehr.
Unsere ganzen Ersparnisse waren aufgebraucht. Über 18.000 Euro hatten wir bisher in unseren Kinderwunsch investiert.
Zum Schwangerschaftstest bin ich zu meinem Frauenarzt gefahren. Ich sollte abends anrufen und nach dem HCG-Wert fragen.
Und das ist das Ende unseres Weges: Die Sprechstundenhilfe sagte mir am Telefon:
„Ja, der Wert passt“.
Ich hatte einen HCG-Wert von 900 und war endlich schwanger. Meine Freundin und ich brachen in Tränen aus. Wir konnten es nicht fassen. Endlich durfte ich eine Mama sein. Endlich wurden unsere Wünsche erhört.
Zwei Wochen später waren wir zu Zweit beim Ultraschall. Und doppelte Überraschung: Es hatten sich beide „Eisbärchen“ eingenistet. Zwillinge!
Es hat tatsächlich geklappt und unsere Mädchen sind heute unser ganzes Glück!
Heute sag ich allen, die einen Kinderwunsch haben, dass es sich lohnt zu kämpfen.
Unsere Kinder sind die Belohung für sämtliche Strapazen und Mühen – und wir lieben sie einfach über alles.“