„Ich bin seit zwei Wochen Zweifach-Mama – und jetzt!?“

„Da sitze ich nun also. Im Halbschatten der Pimmelmännchenlampe, die auf dem Wickeltisch steht und gedämpftes Licht durchs Schlafzimmer schickt und starre auf das lange Haar an meinem Busen, das ich schon seit zwei Tagen wegzupfen will.

Und auf mein frisch geschlüpftes, wundervolles Baby, das mit der Kraft einer Dampflokomotive meinen Nippel in ihr kleines Mündchen saugt und ordentlich auf der Suche nach Milch malträtiert.

Im Wohnzimmer höre ich das große Kind in einer lautstarken Diskussion mit dem Mann.

Sie möchte nicht Zähneputzen. Er möchte nicht diskutieren. Kindliche Wut. Sie ist müde vom Tag, möchte nicht mehr kooperieren. Der Mann will aber auch nur den Tag zu Ende bringen. Und, dass ihr nicht irgendwann die Zähne ausfallen.

Das Baby schmatzt am Busen.

Ich streichle den kleinen Kopf, bin dankbar, dass ich grade nur die Schmerzen des Stillens ertragen und nicht die tagtäglichen Diskussionen mit dem kleinen Sturkopf führen und die Wut begleiten muss.

Habe dann sofort ein schlechtes Gewissen, wegen dieses Gefühls.

Zudem fühle ich mich gleichzeitig so schrecklich unnütz.

So furchtbar abgeschrieben von meinem erstgeborenen Herzensmädchen, das das erste Mal, als ich die paar Tage im Krankenhaus war, völlig ohne mich verbracht hat. Das gerade den sich so liebevoll kümmernden Papa mir so oft vorzieht. Das mich unsicher anguckt, fragt, testet und genau prüft, ob unser Vertrauensverhältnis noch das Alte ist.

Ich vermisse meine Große. Ich vermisse unsere Momente. Tränen fließen. Auch auf das Baby an meiner Brust.

Gleichzeitig bin ich auch richtig genervt von dem immer wieder aufschwappenden Drama der Dreijährigen, dass sich durch den Alltag zieht. Von der Wuselei und dem Lärm. Und dennoch wäre ich gerne Teil davon.

Aber ich sitze mit Baby an der Brust im Bett. Oder stehe vor dem Baby am Wickeltisch und massiere leise singend den so zierlichen Mäusebauch, damit das kleine Kind ordentlich pupsen kann und sich nicht quälen muss.

Es ist toll, so viel exklusiv Zeit für das Baby zu haben. Der Mann hat nämlich Elternzeit. Was für ein Luxus!

Dann kommt die Große herein. Ganz geheuer ist ihr das Baby ja noch nicht.

Aber sie ist neugierig. Abwartend und beobachtend fragt sie mich, was ich denn da mache.

In guten Momenten klettert sie zu uns aufs Bett und streichelt stolz den Kopf ihrer kleinen Schwester. Ob sie das Baby mal halten könne. Natürlich! Da quäkt die Kleine.

Lieber doch nicht, beschließt die Große und verlässt schnell den Raum.

Gleich darauf kommt sie wieder. Ich kriege einen gute Nacht Kuss. Die Zähne sind nun geputzt. Der Mann hat die Zahnbürste aufgeräumt und steht bereit für die Einschlafbegleitung.

Die kleine Schwester in meinem Arm kriegt einen vorsichtigen Kuss auf den Strubbelköpfchenhinterkopf. Die Große strahlt voller Stolz.

Da ist so viel Liebe. Wir schaffen das.

 

Unsere Gastautorin: Charlotte Göhring

Charlotte

Charlotte. Foto: privat

Vielen Dank, liebe Charlotte, für deinen berührenden Gasttext!

Charlotte Göhring, 33 Jahre alt, wohnt und schreibt in Freiburg im Breisgau.

Auf ihrem Blog Gigantica vs. Dinkelkeks“ erzählt sie ehrlich und direkt aus dem Alltag mit ihren zwei Töchtern (geboren 2017 & 2021), dem Spagat zwischen Frau- & Mama-sein und von Begegnungen mit ihrer Peergroup: anderen Müttern.

Mit einem Augenzwinkern und einer gehörigen Portion Sarkasmus nimmt sie weder sich selbst noch festgefahrene Elternweisheiten ernst.

Wer noch mehr über ihre ganz persönlichen Alltagsherausforderungen zwischen Beziehung, Mental Load, selbsterklärten Fitnesszielen und der aktuellen Stilldemenz lesen möchte, folgt ihr auf Instagram unter @dusslige_rapunzel.

Laura Dieckmann

Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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